Standpunkte
Der Sommer – die für mich und sicher auch für viele andere schönste Jahreszeit – neigt sich leider dem Ende. Gut ist aber, dass es damit auch im Parlament wieder losgeht. Sehe ich die Vielzahl an Problemen und Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, haben wir wahrlich keine Zeit zu verlieren. Aber Tempo ist nicht alles. Mindestens genauso wichtig ist, dass wir gute Entscheidungen treffen, die zu mehr Wachstum führen. Deutschland ist unter der Ampel-Regierung wirtschaftlich in Rekordzeit leider wieder zum „kranken Mann Europas“ geworden, ein bedauernswerter „Titel“, den wir 2005 schon einmal innehatten.
Die Ursachen hierfür sind vielschichtig. Zwar spielen Einflüsse von außen eine Rolle, wie der Ukraine-Krieg oder die wirtschaftlichen Probleme Chinas, ein für uns wichtiges Abnehmerland. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass eine in weiten Teilen völlig fehlgeleitete Wirtschaftspolitik der Ampel-Koalition zu einem enormen Verlust an Vertrauen bei den Menschen und den Unternehmen geführt hat, der sich in einer ausgeprägten Konsum- und Investitionsschwäche niederschlägt. Stichworte sind das verkorkste Heizungsgesetz, der neuerliche Bürokratieaufwuchs oder die völlig einseitige Energiepolitik. Schwenkt die Ampel-Koalition nicht unverzüglich um, dann müssen wir uns wohl auf einen Verlust an industrieller Wertschöpfung und eine längere Phase sehr schwachen Wachstums einstellen.
Womit wir beim Geld wären. Schwaches Wachstum und steigende Zinsen bedeuten, dass die finanziellen Spielräume Deutschlands immer enger werden. Die Zeit der stetig steigenden Steuereinnahmen ist vorbei. Und höhere Steuern in einem Land, das bereits jetzt unter einer extrem hohen Steuern- und Abgabenlast leidet, wären das völlig falsche Signal. Wichtig ist deshalb gerade jetzt, dass im Bundeshaushalt die Weichen richtig gestellt werden. Gut also, dass die zweite Jahreshälfte mit einer Haushaltswoche beginnt, in der das Parlament den Bundeshaushalt des Jahres 2024 in erster Lesung beraten wird. Worauf kommt es beim Haushalt jetzt an? Ich meine, auf zwei Dinge: Zum einen müssen die Ausgaben in Zeiten knapper Kassen stärker priorisiert werden. Viel zu wenig Geld geben wir für Investitionen aus. Gerade einmal zwölf Prozent beträgt der Anteil des Bundeshaushalts, der in Investitionen wie die Infrastruktur oder die Bildung fließt. Viel zu viel Geld wird dagegen für Transfers und Sozialleistungen ausgegeben. Allein der Etatposten „Arbeit und Soziales“ schlägt im Entwurf des Bundeshaushalts mit 171,6 Mrd. € zu Buche, ein Plus von 3,3 Prozent gegenüber diesem Jahr.
Damit macht allein dieser Posten knapp 40 Prozent des gesamten Haushalts in Höhe von 445,7 Mrd. € aus. Für das Ministerium für Bildung und Forschung sind 20,3 Mrd. € veranschlagt (ein Minus von 5,4 Prozent), für das Umweltministerium gibt es magere 2,4 Mrd. €, ein Minus von zwei Prozent.
Hier rächt sich, dass die Ampel in Rekordzeit neue Ansprüche auf den Weg gebracht hat. Allen voran ist hier das sogenannte „Bürgergeld“ zu nennen, das die Anreize zur Arbeitsaufnahme massiv unterwandert. Inzwischen wird es von rund 5,5 Millionen Menschen in Anspruch genommen. Davon sind 3,9 Millionen Menschen erwerbsfähig, und 1,8 Millionen haben keinen deutschen Pass. Aber auch der Kreis derjenigen, die Anspruch auf Wohngeld haben, ist von 600.000 auf zwei Millionen ausgeweitet worden. Und jetzt kommt noch die sogenannte „Kindergrundsicherung“, die ebenfalls Milliarden Euro verschlingen wird, ohne dass wir wissen, ob das Geld auch wirklich bei den Kindern ankommt. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Kinder sind unsere Zukunft, sie müssen bestmöglich gefördert werden. Aber statt Transfers zu erhöhen wäre es besser, für gute Schulen zu sorgen, in denen Kinder gut ausgebildet werden, eine regelmäßige Verpflegung erhalten und von kulturellen bzw. sportlichen Angeboten profitieren.
Das bringt mich zum zweiten Punkt: Die Zeit der fiskalischen Gießkanne muss endlich vorüber sein. Ob Energiepauschale, Strom- und Gaspreisbremse oder 9-Euro-Ticket: Immer wieder deckt die Ampel-Koalition zum Teil selbst verschuldete Probleme mit Geld zu. Diese Transfers werden dann unterschiedslos an alle verteilt. Ich meine, dass es Zeit ist für eine sehr viel passgenauere Unterstützung derjenigen, die die staatliche Hilfe wirklich brauchen. Dazu braucht es endlich die Möglichkeit, Hilfen gezielt auszuzahlen. Versprochen wird ein solches System vom Finanzminister schon lange. Auf den Weg gebracht ist es bis heute nicht. Ich habe es schon in meinem Wahlkampf gesagt und wiederhole es hier gerne noch einmal: In der Krise zählt jeder Euro doppelt! Deswegen werden wir die Ampel in der Haushaltswoche auf Unzulänglichkeiten in der Finanzplanung hinwiesen, nicht nur für das Jahr 2024, sondern auch darüber hinaus. Eine Umgehung der Schuldenbremse durch immer neue Schatten- und Nebenhaushalte, wie sie gerade von den Grünen und der SPD immer wieder ins Spiel gebracht wird, tragen wir nicht mit. Die Regierung hat allein im letzten Jahr 500 Mrd. € neue (!) Schulden beschlossen. Im Interesse der künftigen Generationen, die ebenfalls finanzielle Gestaltungsspielräume brauchen und finanziell nicht überfordert werden dürfen, werden wir der Ampel diese ungehemmte Schuldenpolitik nicht durchgehen lassen.
In den zurückliegenden Monaten lag der Fokus der Regierungspolitik auf einer Reihe von Themen, die teils den aktuellen Ereignissen geschuldet waren (Ukraine-Krieg, Energiekrise), teils aber auch lange gehegten ideologischen Absichten folgten (feministische Außenpolitik, wertebasierte Handelspolitik). Wenig Beachtung fand hingegen die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Gefangen in dem Irrglauben, die deutsche Wirtschaft werde so oder so stark bleiben und an die gute Vor-Corona-Zeit nahtlos anknüpfen können, haben alle möglichen Themen dominiert, nur nicht das Wirtschaftswachstum. Bisweilen hatte man das Gefühl, im Wirtschaftsministerium arbeitet ausschließlich ein Klimaschutzminister, den die wirtschaftlichen Belange allenfalls am Rande interessieren.
Besonders deutlich wurde dies bei der Energieversorgung. Immer wieder war aus dem Wirtschaftsministerium zu hören, dass Deutschland gut durch den Winter gekommen sei, weil eine akute Energiemangellage abgewendet werden konnte. Das war aber nur die halbe Wahrheit. In der größten Energiekrise der deutschen Wirtschaftsgeschichte wurde nämlich versäumt, wirklich alle heimischen Quellen zu nutzen. In der Folge leidet die deutsche Wirtschaft bis heute unter viel zu hohen Energiepreisen.
In zwei Bereichen sind die größer werdenden wirtschaftlichen Probleme zuletzt sehr deutlich zu Tage getreten: Bei den ausländischen Direktinvestitionen und bei den offiziellen Zahlen zum Wachstum der deutschen Wirtschaft. Während ausländische Investitionen in Deutschland im Jahr 2022 gerade einmal 10,5 Mrd. € betrugen, investierten deutsche Unternehmen im Ausland rund 135 Mrd. €. Dies war der größte Netto-Abfluss, der jemals gemessen wurde. Ebenso ernüchternd ist der Befund beim Wachstum. Im Winterhalbjahr 2022/23 ist die deutsche Wirtschaft in eine Rezession gefallen, und ein echter Aufschwung, der diesen Namen auch verdient, ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Einschlägige Konjunkturindiaktoren (Ifo, PMI, …) haben zuletzt sehr deutlich gezeigt, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten eher noch zunehmen. Das besonders ärgerliche daran: Während die Prognose für die Weltwirtschaft vom IWF zuletzt sogar nach oben korrigiert wurde, gab es für Deutschland eine Abwärtskorrektur auf minus 0,3 Prozent.
Ich habe in den zurückliegenden Monaten in mehreren Reden im Plenum des deutschen Bundestags ausgeführt, warum wir uns auf ein äußerst schwaches Trendwachstum einstellen müssen, es sei denn, die Ampel-Koalition nimmt endlich auch die Wirtschaftspolitik in den Blick und handelt. Der damalige Präsidentschaftskandidat Bill Clinton rief Anfang der neunziger Jahre seinem Wahlkampteam zu: „It’s the economy, stupid“ (Es ist die Wirtschaft, Dummkopf). Warum? Weil er davon überzeugt war, dass es in der für Amerika schwierigen wirtschaftlichen Situation Anfang der neunziger Jahre politisch einen starken Fokus auf die Wirtschaft geben muss. Recht hatte er! Auch heute möchte man der Ampel wieder zurufen: „It’s the economy!“
Was ist daher zu tun? Natürlich müssen wir an der Bekämpfung des Klimawandels festhalten. Gleichzeitig braucht es aber auch eine grundlegende Neuausrichtung in der Wirtschaftspolitik, wie insbesondere das völlig verkorkste Heizungsgesetz von Bundesminister Habeck mehr als deutlich gezeigt hat.
Statt Vorschriften, Verbote und Vorgaben braucht es mehr Markt, mehr Forschung und Bildung sowie mehr Innovationen und Investitionen. Nur so wird es gelingen, die industrielle Basis zu erhalten und Deutschland zu einem klimaneutralen Industrieland zu machen.
Aber auch darüber hinaus gibt es zahlreiche Dinge zu tun. Wir brauchen ein Fachkräfteeinwan-derungsgesetz, das die richtigen Talente anlockt. Das neue Punktesystem der Regierung wird diesem Anliegen nicht einmal ansatzweise gerecht (siehe hierzu auch meinen Newsletter vom Juni 2023). Auch braucht es insgesamt weniger Bürokratie, nicht mehr. Aber leider hat auch hier die Ampel die Dinge eher schlechter gemacht, wie der Normenkontrollrat in seinem Bericht für das Jahr 2022 ausgeführt hat. Und es braucht vor allem mehr Vertrauen der Wirtschaft in die Pläne und das Handeln der Regierung. Nur wenn die Regierung sehr viel deutlicher macht, dass ihr eine starke wirtschaftliche Entwicklung ein echtes Anliegen ist, und dies auch mit Taten wie z. B. einer längst überfälligen Unternehmenssteuerreform unterfüttert, dürften wieder mehr Unternehmen am Standort Deutschland festhalten und die wirtschaftliche Dynamik steigen.
Die deutsche Wirtschaft ist im Winterhalbjahr 2022/23 in eine Rezession gefallen. Zwei Quartale in Folge ist die Wirtschaftsleistung geschrumpft. Leider ist auch für das Gesamtjahr 2023 ein deutliches Minus zu erwarten, denn die erhoffte Belebung der Konjunktur dürfte allenfalls sehr mager ausfallen. Wichtige Konjunkturindikatoren wie der ifo-Geschäftsklimaindex signalisieren bestenfalls noch Stagnation.
Im Parlament höre ich von den Fraktionen der Regierung immer wieder: Was können wir dafür? Die Schwäche haben wir geerbt. Hier widerspreche ich ausdrücklich. Nach fast zwei Jahren im Amt ist es an der Zeit, dass die Ampel Verantwortung für ihr Handeln übernimmt. Diese Rezession ist vor allem die Rezession der selbsternannten Fortschrittskoalition. Drei Gründe sind dafür maßgeblich:
Erstens, In der größten Energiekrise unseres Landes hat die Regierung eben nicht alle verfügbaren heimischen Energiequellen genutzt, um das Angebot an Energie sicher und bezahlbar zu halten. „Whatever it takes“, sozusagen. Ich denke hier vor allem an die sechs Kernkraftwerke, die im Frühjahr des Jahres 2022 noch zur Verfügung standen. Sie zumindest für eine gewisse Zeit weiter zu nutzen, wäre ein starkes Zeichen gewesen, dass die Energieverfügbarkeit und die Preisbildung auf den Märkten positiv beeinflusst hätte. So zumindest machen es alle großen Industrieländer um uns herum. Selbst Japan geht diesen Weg.
Der zweite wesentliche Grund ist der private Konsum. Er ist im ersten Quartal dieses Jahres nahezu eingebrochen. Auch hier rächt sich, dass die hohen Energiepreise zu einem Preisanstieg - und damit Kaufkraftverlust - geführt haben, den die Ampel mit all ihren Hilfs- und Sofortprogrammen nicht einmal ansatzweise auffangen kann – zumal diese Hilfsprogramme vom Steuerzahler selbst bezahlt werden. In diesem Zusammenhang schlägt auch negativ zu Buche, dass die Ampel Schulden macht, als gäbe es kein morgen. 500 Milliarden Euro „Sondervermögen“ allein im Jahr 2022. Die ökonomische Literatur ist sich im Grund einig, dass so hohe Schulden bereits die Konsum- und Investitionslaune ganz unmittelbar negativ beeinträchtigen können. Warum? Weil die Menschen wissen, dass die schuldenfinanzierten Ausgabenprogramme von heute die Steuern von morgen sind. Viele Ampelpolitiker fordern ja auch schon heute ganz ungeniert höhere Steuern. Da darf es niemanden verwundern, wenn die Menschen bereits heute reagieren und ihr Geld zusammenhalten.
Und drittens: Was für die Menschen gilt, gilt auch für die Unternehmen. Deutschland hat im OECD-Bereich mit die höchsten Unternehmenssteuern. An Entlastungen dürfte die Regierung aber wohl so lange nicht denken, wie sie das hart erarbeitete Geld der Steuerzahler mit wenig passgenauen Ausgabenprogrammen mit vollen Händen ausgibt. Ich nenne hier nur das 9-Euro-Ticket, den Tankrabatt, die 300-Euro-Energiepausschale oder die zahlreichen Energiepreisbremsen: Alles Maßnahmen, die unabhängig von der persönlichen Einkommenssituation gewährt wurden. Dabei wären Steuererleichterungen für die Unternehmen gerade jetzt angezeigt. Der Umbau der Wirtschaft zur Klimaneutralität erfordert enorm hohe Investitionsausgaben. Geld, das für das eigentliche Kerngeschäft nicht mehr zur Verfügung steht. So belastet der Umbau gleich zweimal: Er erfordert hohe finanzielle Mittel, um einen bestehenden Kapitalstock auszutauschen. Und er reduziert die Mittel, die für die Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle dringend erforderlich wären.
Alles in allem ist es daher an der Zeit, dass die Ampel-Koalition Verantwortung für die wirtschaftlichen Folgen Ihres Tuns übernimmt. Immer nur auf die Vorgängerregierung zu verweisen, greift hier eindeutig zu kurz, zumal die Jahre 2010 bis 2020 in wirtschaftlicher Hinsicht ausgesprochen gute Jahre waren. Deutschland ist in dieser Zeit zur Konjunkturlokomotive Europas geworden. Jetzt sind wir wieder da, wo wir nach sieben Jahren roter-grüner Regierung im Jahr 2005 schon einmal standen, als wir der „kranke Mann Europas“ waren.
Meine Rede dazu im Bundestag.
Zu den wohl bemerkenswertesten Ausschusssitzungen, an denen ich in Berlin bislang teilgenommen habe, gehörten die beiden Sitzungen im Mai, in denen Robert Habeck gemeinsam mit vier Staatssekretären zur Personalpolitik des Wirtschaftsministeriums und zu möglichen Interessenskonflikten Rede und Antwort standen. Bemerkenswert waren diese Ausschusssitzungen, die die Ausschüsse Wirtschaft sowie Klima und Energie gemeinsam durchführten, gleich in mehrfacher Hinsicht.
Zum einen offenbarten sie ein verbesserungsfähiges Demokratieverständnis der Regierung. Die erste Sitzung, die wir ausdrücklich als öffentliche Sitzung durchführen wollten, wurde mit den Stimmen der Ampelkoalition zu einer nicht-öffentlichen Sitzung gemacht. Und in der zweiten Sitzung wurde den fragenden MdBs dann pro Runde und Fraktion gerade noch eine Minute zugestanden. Allein dies war eine gravierende Beschneidung des Fragerechts von Abgeordneten. Hinzu kam, dass der Minister und seine Staatsekretäre die Fragen dann in einem Aufwasch abarbeiten durften, statt jede Frage unmittelbar und direkt zu beantworten. Transparenz sieht anders aus!
Nicht minder bemerkenswert war aber auch das mediale Interesse an den beiden Sitzungen. Während bei der ansonsten strikt inhaltlichen Arbeit der Ausschüsse sehr selten einmal ein Journalist vorbeischaut, gab es bei den Sitzungen zur Personalpolitik im BMWK ein großes Aufgebot an Vertretern der schreibenden Zunft und des Fernsehens. Leider ist es wohl so, dass wir Politiker mit inhaltlicher Arbeit sehr viel schwieriger Zugang zu den Verbreitungskanälen unserer medialen Gesellschaft finden, als mit Schlagzeilen zur Vettern- und Clanwirtschaft.
Apropos Vetternwirtschaft: Sehr deutlich wurde in den Befragungen, wie groß die Verstrickungen im Bundeswirtschaftsministerium sind. Staatssekretär Graichen wollte seinen Trauzeugen ohne vorherige Information der Findungskommission zum Chef der Bundesbehörde DENA machen. Ein Fehler, wie er und sein Minister in der Sitzung unumwunden zugaben. Öffentlich wurde auch, dass der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND e.V.), in dem die Schwester von Patrick Graichen Mitglied des Vorstandes ist, auf Geheiß des Staatssekretärs finanzielle Zuwendungen in Höhe von 600.000 Euro aus dem Ministerium erhielt.
Bei der Befragung des StaatssekretärsPhilipp wurde im Detail bekannt, dass er als ehemaliger Private Equity Manger über vier direkte Beteiligungen an jungen Unternehmen verfügt. Da zum Geschäftsbereich von Herrn Philipp auch die Förderung von Startups gehört, wäre es mehr als ratsam gewesen, diese Beteiligungen vor Amtsantritt zu veräußern. Und auch, wenn dies nicht einfach ist, einen Versuch wäre es wert gewesen.
Herr Habeck hat in der Befragung dann schärfere Transparenzregeln gefordert, weil ja auch andere Abgeordnete über Fondsvermögen mit Einzelaktien verfügen. Dieser Vergleich offenbart aber ein mangelndes Verständnis über die Natur von Finanzinvestitionen. Während bei direkten Beteiligungen ein mitunter erhebliches Mitsprechrecht besteht, ist der Einfluss in einem Fonds mit börsennotierten Aktien nahezu Null. Nennenswerte Interessenskonflikte drohen vor allem im Fall von direkten Beteiligungen.
Mancher mag sich fragen, warum wir als Opposition so sehr auf die Aufarbeitung der Personalpolitik und auf die strikte Anwendung der Compliance-Regeln im BMWK drängen. Mit den Worten unseres Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz möchte ich es einmal so beschreiben: Weil wir im Wirtschaftsministerium mehr Marktwirtschaft statt Vetternwirtschaft brauchen – zumal in einer Zeit multipler Krisen.
Unausgegoren, unsozial und klimaunverträglich? Mit deutlichen Worten kritisiert Dr. Klaus Wiener das Gebäudeenergiegesetz der Ampel-Koalition. Gemeinsam mit seiner CDU/CSU-Bundestagfraktion setzt er stattdessen auf Technologieoffenheit, Emissionshandel und verlässliche Förderung.
„Das Gebäudeenergiegesetz ist unsozial und erweist dem Klimaschutz einen Bärendienst“, skizziert der heimische Bundestagabgeordnete Dr. Klaus Wiener seine Ablehnung des aktuell vieldiskutierten Vorhabens der Bundesregierung und gibt zu bedenken: „Wie genau eine Förderung des Heizungsumbaus ausgestaltet sein soll, ist noch völlig offen. Und die Leidtragenden dabei sind die Bürger.“
Der CDU-Politiker, selbst auch Mitglied im Umweltausschuss, führt dazu aus: „Wir wollen eine Wärmewende, die mit und nicht gegen die Bürger gelingt. Diese Politik der Ampel-Koalition jedoch verunsichert Millionen Eigentürmer und Mieter. Einseitig auf die Wärmepumpe zu setzen, führt in die energiepolitische Sackgasse.“
Seine Lösungsansätze: Wir brauchen neben der Wärmepumpe die ganze Breite klimafreundlicher Lösungen – von hybriden Systemen über Pellets bis hin zu Nah- und Fernwärmenetzen. Diese Alternativen spielen im Handeln der Regierung aber kaum eine Rolle.“ Wieners Kritik dazu: „Wie schon im Verkehr, wo der Fokus ausschließlich auf der E-Mobilität liegt, gibt es für die Regierung beim Thema ‚Wärme‘ mit der Wärmepumpe nur ein allein selig machendes Mittel. Technologieoffenheit sieht anders aus.“
Die Wärmewende werde aber nur zum Erfolg, wenn dabei für jedes Haus die individuell beste Lösung ermöglicht werde, und bei der Umsetzung keine finanziellen Überforderungen entstünden. Dabei verweist der CDU-Abgeordnete auf ein großes pragmatisches Problem: „Schon im kommenden Jahr müssen rund 900.000 Heizungen ersetzt werden. Geräte und Fachpersonal dafür reichen aber nur für etwa 500000 klimafreundliche Heizungen! Für viele Menschen ist daher unklar, wie sie mit der Situation umgehen sollen.“
Zudem konnte sich die Ampel-Regierung noch gar nicht auf die Finanzierung der versprochenen Unterstützung einigen. Wieners Fazit: Es wäre besser gewesen, die Umstellung der privaten Haushalte auf klimaschonende Heizungen so zu belassen, wie dies von der vergangenen Bundesregierung beschlossen worden war: Mit einer angemessenen Förderung der privaten Haushalte und festem Vertrauen in die Wirkungsmechanismen der gerade in dieser Woche ebenfalls beschlossenen europäischen Regelungen für die zukünftige Bepreisung von CO2–Emissionen. Mit ihrem öffentlichen Streit aber schafft die Regierung maximale Verunsicherung und riskiert die Akzeptanz der Bürger für die notwendige Wärmewende.“
Die Erinnerungen an das Jahr 2008 sind noch allzu frisch: Nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers kam es zu einer globalen Finanzkrise ungeahnten Ausmaßes. Neben einer tiefen Rezession, in der die Wirtschaftsleistung Deutschlands um nie dagewesene 5,7 % fiel, mussten etliche Institute mit staatlichen Mitteln gerettet werden, also auf Kosten der Steuerzahler. Und zahlreiche davon haben schlicht nicht überlebt, so auch die einst stolze und große WestLB aus unserer Region. Ein „too big to fail“ dürfe es nie wieder geben, so das einhellige Mantra von Zivilgesellschaft, Politik und Aufsicht damals.
Leider mussten wir im letzten Monat erneut erleben, dass Finanzinstitute in den USA zusammengebrochen sind (Silicon Valley Bank, New Yorker Signature Bank) oder in der Schweiz der Konkurs einer Traditionsbank nur mit Hilfe einer Mega-Fusion abgewendet werden konnte (Credit Suisse). Droht also eine neue Finanzkrise? Bei aller gebotenen Vorsicht glaube ich nicht, dass dies der Fall ist.
Zum einen sind die Probleme hausgemacht. Im Falle der Credit Suisse haben zahlreiche Managementfehler zur Schieflage geführt; eine systemische Krise ist damit nicht verbunden. Zum anderen sind die Probleme heute anders gelagert als im Jahr 2008. Während in der großen Finanzkrise zahlreiche sogenannte strukturierte Produkte aufgrund des Platzens der Immobilienblase nahezu wertlos geworden sind, liegen dem Problem heute werthaltige Papiere wie Staatsanleihen zu Grunde. Hier ist es aufgrund der Zinswende zwar zu Bewertungsverlusten gekommen, diese bauen sich mit der Zeit aber ganz automatisch ab. Denn zurückgezahlt werden Anleihen in der Regel zum vollen Nennwert. Und sollten Liquiditätsengpässe entstehen – etwa weil viele Kunden gleichzeitig ihre Einlagen abziehen – haben die Notenbanken bereits signalisiert, dass die Geschäftsbanken werthaltige Anleihen als Sicherheit ohne Abschläge hinterlegen können. Damit hätten sie das Geld für ihre Kunden.
Ein weiteres Argument gegen eine neue Krise ist die deutlich gestärkte Finanzkraft der Banken. Nach der weltweiten Finanzkrise 2008 wurden zahlreiche Regeln erlassen, mit denen das Eigenkapital gestärkt wurde. Dies ist Geld, das für den Fall von Verwerfungen zur Verfügung steht. Zudem mussten Banken den Aufsichtsbehörden genaue Pläne vorlegen, wie sie für den Fall einer Krise entweder gerettet werden können oder in die Abwicklung gehen. Auch dies hat das Risikobewusstsein geschärft und die Widerstandskraft des Finanzsystems erhöht.
Eine Frage wirft die aktuelle Situation aber gleichwohl auf: War es richtig, dass die amerikanische und vor allem auch die europäische Notenbank die Zinsen so lange und so nachhaltig gedrückt haben? Null- und Negativzinsen haben das Umfeld für Jahre geprägt. Ich habe schon vor meiner Zeit als Abgeordneter im Bundestag immer wieder gewarnt, dass hier Risiken für die Finanzstabilität entstehen. Aus meiner Sicht war immer klar, dass Zinsen unterhalb der Nulllinie nicht dauerhaft Bestand haben werden. Meines Erachtens war es nur eine Frage der Zeit, bis es zu einer Zinswende kommt. Und genau die wurde jetzt durch den Inflationsschub der letzten Monate ausgelöst.
Zudem muss sich die Geldpolitik die Frage gefallen lassen, ob sie mit ihren vielen „ungewöhnlichen“ Maßnahmen wie der Nullzinspolitik oder den massiven Ankäufen die Grenzen ihres Mandats überschritten und in andere Politikbereiche eingegriffen hat, so etwa in die Finanzpolitik oder die Sozialpolitik. Hierauf hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom Mai 2020 hingewiesen. Damals hat das Hohe Gericht sowohl die Bundesregierung als auch das Parlament aufgefordert, von der EZB eine intensivere Prüfung der Verhältnismäßigkeit ihres Tuns zu verlangen. Diese Aufgabe gilt m. E. unvermindert weiter, und sie treibt mich im politischen Berlin immer wieder aufs Neue an.
Es war eine intensive Debatte, die wir in den letzten Wochen um die Lieferung von weiteren schweren Waffen and die Ukraine geführt haben. Nun steht die Entscheidung: Deutschland wird gemeinsam mit seinen Verbündeten Kampfpanzer liefern.
Ich weiß, dass viele Menschen Sorgen haben. Geht mit dieser Entscheidung eine weitere Eskalation des Konflikts einher? Werden wir damit Kriegspartei? Und kommt als nächstes möglicherweise die Forderung nach Kampfjets? Ich kann diese Sorgen sehr gut verstehen. Niemand in der freien Welt will diesen Krieg. Und wir müssen wirklich alles daran setzen, dass uns der Spagat gelingt: Wir wollen der Ukraine in ihrem Freiheitskampf helfen. Die kriegerische Auseinandersetzung darf aber auch nicht unkontrolliert eskalieren. Einen Krieg zwischen der NATO und Russland kann niemand ernsthaft wollen - selbst der russische Präsident nicht.
Warum ist die Entscheidung, Kampfpanzer zu liefern, dann richtig? Zum einem aus humanitären Gründen. Putin plant nach allem, was wir wissen, eine Frühjahrsoffensive. Diese wird weiteres unsagbares Leid für die Bevölkerung der Ukraine mit sich bringen. Wir müssen den Ukrainern helfen, damit sie sich gegen den Aggressor wehren können. Meine Hoffnung ist, dass Putin sich überlegt, ob es klug ist, diesen Krieg mit immer schärferen Mitteln weiterzuführen, wenn der Westen erkennbar so eng zusammensteht.
Es gibt aber einen weiteren sehr wichtigen Grund. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit führt ein Autokrat unter dem Schutz seines Atomwaffenarsenals einen reinen Angriffskrieg. Das war selbst in den dunkelsten Zeiten des Kalten Krieges anders. Die Ländergrenzen wurden respektiert. Kommt Putin mit seiner perfiden Strategie durch, gibt es vielleicht kein Halten mehr. Denn das Dilemma, vor dem wir jetzt stehen, wäre bei einem Angriffskrieg gegen ein anderes Land erneut gegeben. Putin darf verstehen, dass niemand Russland angreifen will. Das hat sich m. E. auch durch die Osterweiterung der NATO nicht geändert. Er muss aber auch verstehen, dass er aus Sicht des Westens mit seiner Strategie keinen Erfolg haben darf.
Eine Bemerkung zum Schluss: Niemand bedauert mehr als ich, dass mit dem Strategiewechsel Russlands die Friedensdividende verloren gegangen ist. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hatte ich wie so viele gehofft, dass wir dauerhaft weniger Geld für die Verteidigung ausgeben müssen. Das hat uns Spielräume für Ausgaben in Bildung, Infrastruktur oder das Sozialwesen eröffnet. Diese Spielräume sind jetzt kleiner geworden, denn wir können jeden Euro nur einmal ausgeben. Deshalb bleibe ich bei der Ertüchtigung der Bundeswehr bei meiner Forderung: So viel wie nötig, aber auch so wenig wie möglich!
Lange war es nur zu befürchten, jetzt scheint es auf Basis einschlägiger Indikatoren nahezu sicher. Die deutsche Wirtschaft wird im Winterhalbjahr 2022/23 in eine Rezession rutschen. Maßgeblich hierfür sind nahezu ausschließlich die stark gestiegenen Energiepreise. Sie führen dazu, dass eine aufgrund von anhaltenden Lieferkettenproblemen und fortgesetzter Pandemie ohnehin gebeutelte Wirtschaft in den kommenden Monaten schrumpfen wird. Zeitgleich ist die Inflation so stark gestiegen wie seit den 1970er Jahren nicht mehr. Hier bei uns in NRW war der Preisauftrieb zuletzt sogar zweistellig (10,1 %).
Wie lange die Rezession anhalten wird und wie stark die Preise weiter steigen werden, hängt jetzt auch davon ab, welche Antworten die Politik auf die Krise gibt. Hier sehe ich erhebliches Verbesserungspotential. Meines Erachtens hat die Ampel in den zurückliegenden neun Monaten viele Fehler gemacht, die sich jetzt rächen:
Deutschland steckt in der schwersten Energiekrise seiner Wirtschaftsgeschichte. Eine Rezession ist unvermeidlich. Gerade deshalb muss Politik jetzt neu denken und pragmatisch handeln – für die Menschen in unserem Land und für unsere industrielle Basis.
PS: Eine gute Botschaft zum Schluss: Der Arbeitsmarkt dürfte meines Erachtens recht stabil bleiben. Dies hängt mit dem zunehmenden Ausscheiden der Baby-Boomer aus dem Arbeitsleben zusammen. Wir haben derzeit 2,5 Millionen Arbeitslose, aber 1,9 Millionen offene Stellen. Der Bedarf an Fachkräften wird daher trotz Rezession hoch bleiben.
Die Enttäuschung ist riesig: Nach dem Fall der Mauer war die Hoffnung groß, dass man die Staaten im Transformationsprozess durch verbesserte Handelsbeziehungen auf Ihrem Weg hin zu widerstandsfähigen Demokratien unterstützen kann. Im Fokus stand besonders auch Russland, dem sogar ein Platz am Tisch beim Treffen der weltweiten führenden Industrienationen gegeben wurde. Aus der G7 wurde die G8. Heute wissen wir, dass unser Bemühen, Russland über Wirtschaftsbeziehungen an uns zu binden, gescheitert ist. Ist damit auch das Konzept gescheitert?
Im speziellen Fall Russlands ganz ohne Frage: ja. Gleichwohl halte ich es unverändert für sehr wichtig, dass wir an diesem Konzept festhalten. Intensive Handelsbeziehungen nutzen allen Beteiligten, wirtschaftlich und politisch. Das wissen wir spätestens seit dem englischen Ökonomen David Ricardo (1772 – 1823), der eindrucksvoll erklärt hat, warum die Wohlfahrt durch Handel für alle beteiligten Nationen steigt. Kaum eine ökonomische Idee hat das Wirtschaftsleben der letzten Jahrzehnte so geprägt. Der internationale Handel ist über Jahrzehnte doppelt so stark gestiegen wie das Weltsozialprodukt. Damit war der internationale Warenaustausch der Wachstumstreiber der Weltwirtschaft. Und auch politisch sind enge Handelsbeziehungen immer von Vorteil. Denn so bleiben Kommunikationskanäle offen.
Friendshoring: Das Gebot der Stunde
Leider mehren sich die Anzeichen dafür, dass es die „eine Welt“ für den internationalen Handel, zumindest für eine gewisse Zeit, nicht mehr geben wird. Russland ist das wohl prominenteste Beispiel. Aber auch die Beziehungen zu China könnten auf eine Bewährungsprobe gestellt werden, wenn China seine Drohung wahr macht und versucht, Taiwan mit militärischer Gewalt unter seine Kontrolle zu bringen. Das militärische Aufrüsten Chinas im Pazifik ist Grund zur Sorge.
Um so wichtiger ist es, dass wir unsere Handelsbeziehungen mit den Ländern intensivieren, die uns freundlich gesonnen sind, und die unsere freiheitlichen Werte teilen. „Friendshoring“ wird das in Fachkreisen genannt. Gut ist deshalb, dass sich die Grünen nach vielen Jahren des Widerstands – und wohl auch unter dem Druck der aktuellen Ereignisse - jetzt endlich bereit erklärt haben, das lange mit Kanada ausgehandelte EU-Freihandelsabkommen CETA durch den Bundestag zu bringen. Besser spät als gar nicht, möchte man hier sagen.
Das reicht aber nicht. Auch beim gescheiterten Freihandelsabkommen TTIP, das wir mit den USA schließen wollten, lohnt ein zweiter Anlauf. Selbst wenn das Ergebnis weniger umfassend ausfallen sollte als zunächst geplant. Meines Erachtens sollten wir die Zeit nutzen, in der im Weißen Haus ein Präsident sitzt, der für gut austarierte Handelsabkommen im gegenseitigen Interesse offener zu sein scheint als sein Vorgänger.
Afrika: Ein Kontinent mit Potential
Den Blick sollten wir aber auch nach Afrika richten, ein Kontinent, auf dem andere Staaten schon länger sehr aktiv sind. Insbesondere China ist hier seit vielen Jahren aktiv. Die so entstandenen Abhängigkeiten von Rohstofflieferungen aus Quellen mit chinesischem Einfluss gilt es, so rasch wie möglich zu reduzieren. In Afrika ist das Interesse an einer Intensivierung der direkten Beziehungen zu Europa groß. Davon konnte ich mich erst jüngst in Gesprächen mit einer Delegation aus mehreren Ländern Afrikas im Bundestag überzeugen. Gerade im Bereich der Energieerzeugung bestehen auf diesem Kontinent große Potentiale. Das Gleiche gilt für die wachsende Mittelschicht, die zu einer steigenden Nachfrage nach hochwertigen Konsumgütern führt. Nutzen wir diese Chancen, damit Afrika seinen wirtschaftlichen Aufholprozess beschleunigt fortsetzen kann, und damit wir mit neuen Partnern unsere Produktions- und Lieferketten möglichst diversifiziert halten.
Der Russland-Ukraine-Krieg berührt die Menschen nicht nur wegen des unermesslichen Leids, dass er unmittelbar verursacht. Auch das damit zusammenhängende Thema „Energiepreise und Energiesicherheit“ wird immer drängender. Besonders deutlich spüren wir die angespannte Situation an den Tankstellen. An die „Zwei vor dem Komma“ mussten wir uns in den letzten Wochen leider gewöhnen. Aber auch weit darüber hinaus fressen sich die hohen Energiepreise zunehmend in unseren Lebensalltag. Mit vrs. 7,9 Prozent im Mai hat die Inflationsrate in Deutschland ein 40-Jahres-Hoch erreicht. Und die gewerblichen Erzeugerpreise sind auf Niveaus, die seit Erhebung der Zeitreihe in den fünfziger Jahren nicht gemessen wurden.
Versorgungssicherheit für die Wintermonate entscheidend
Neben den Preisen für Energie hat aber auch die Frage der Versorgungssicherheit enorm an Bedeutung gewonnen. Ganz besonders wegen der hohen Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland ist die Frage aufgekommen, ob wir auch im kommenden Winter genug Energie haben werden, um unsere Wohnungen zu heizen und unsere Betriebe am Laufen zu halten. Zudem stellen viele die Frage, wie es zu der Abhängigkeit von Russland kommen konnte.
Hinsichtlich der Abhängigkeit von russischer Energie sind mehrere Punkte entscheidend: Wir haben uns 2011 als Gesellschaft gegen die friedliche Nutzung von Kernenergie ausgesprochen und mit Blick auf den Klimawandel wurde auch ein Ausstieg aus der Kohleverstromung beschlossen. Gas aus den USA wiederum wird zu einem erheblichen Teil mit dem Fracking-Verfahren gewonnen. Dies hat russisches Gas, das zudem durch Pipelines direkt zu uns gelangen kann, weitaus attraktiver erscheinen lassen, als Gas aus den USA. Und nicht zuletzt war nach dem Fall der Mauer auch „Wandel durch Handel“ gewollt. Russland saß mit am Tisch. Aus der G7 wurde die G8. Damit verband sich die Hoffnung, dass mit Russland als Partner eine neue Zeit in Europa beginnt. Heute wissen wir, dass Russland andere Prioritäten setzt – leider! Es vergessen aber auch viele, die sehr kritisch sind, dass wir uns als Gesellschaft für Gas aus Russland als Brückentechnologie entschieden haben. Kurzum: Die Abhängigkeit von Energie aus Russland hat viele Väter und Mütter.
Große Fortschritte
Erfreulicherweise ist es in den letzten Wochen gelungen, die Abhängigkeiten von Öl und Kohle aus Russland zu reduzieren. Möglich war dies, weil beide Märkte global integriert sind. Das heißt, es stehen ganz einfach genügend alternative Anbieter weltweit bereit, mit denen die Unternehmen neue Verträge machen konnten. Insofern dürfte die Versorgung mit Öl und Kohle auch im kommenden Winter gesichert sein, auch wenn in Einzelfällen – so etwa bei der Versorgung der Erdölraffinerie in Schwedt – noch Herausforderungen bestehen. Zu welchem Preis die neuen Verträge geschlossen wurden, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Zu befürchten ist, dass hier deutliche Preisaufschläge akzeptiert werden mussten, die entweder die Gewinnspannen der Unternehmen schmälern oder zu weiter steigender Inflation führen werden.
Das eigentliche Problem ist Gas
Ganz anders ist die Lage beim Erdgas. Hier besteht unverändert eine wesentliche Abhängigkeit von den Lieferungen aus Russland. Und Gas ist nicht nur für die Erzeugung von Wärme und Strom relevant. Noch viel wichtiger ist, dass Gas als Rohstoff in vielen Produktionsprozessen erforderlich ist. Ohne Erdgas würde Düngemittel knapp werden, was das Nahrungsmittelproblem in vielen Teilen der Welt verschlimmern würde. Und es fehlen Zwischenprodukte, wie etwa Lacke in der Automobilindustrie oder Kunststoffe für den Gesundheitssektor. Damit drohen Ausfälle, die kaskadenartig unsere ganze Gesellschaft und unsere Wirtschaft belasten würden.
An alternativen Beschaffungswegen wird fieberhaft gearbeitet, gänzlich gelöst ist das Problem aber noch nicht. LNG-Terminals werden kommen, so etwa in Brunsbüttel oder in Wilhelmshaven. Doch trotz beschleunigter Genehmigungsverfahren wird die Bauzeit mehrere Jahre betragen. Vier schwimmende LNG-Terminals wurden angemietet, von denen zwei wohl bis zum Winter betriebsbereit sind. Die Kapazität läge dann aber nur bei 10 Mrd cm3. Zum Vergleich: Allein über Nord Stream 1 erreichen uns jährlich 50 Mrd cm3. 13 Prozent des uns zur Verfügung stehenden Erdgases werden verstromt. Angesichts der Bedeutung von Gas als Rohstoff in zahlreichen Produktionsprozessen ist dies kaum noch zu verantworten.
Ein zeitlich begrenzter Weiterbetrieb der noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke – der entgegen den Aussagen der „Ampel“ sowohl technisch als auch rechtlich möglich wäre –, wird von Teilen der Koalition vehement abgelehnt. Stattdessen werden ältere Kohlekraftwerke in die Reserve zurückgeholt. Angesichts des globalen Klimaproblems ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet ein grüner Wirtschaftsminister diesen Weg wählt. Natürlich birgt die Kernenergie Risiken. Das noch viel größere Risiko aber liegt im Klimawandel, der eine weltweite existentielle Bedrohung darstellt.
Energieeffizienz und Erneuerbare Energien
Kurzfristig haben wir ein Potential aber noch nicht in dem Maße gehoben, wie es möglich wäre: Wir alle können helfen, Energie zu sparen. Hierzu nur ein Beispiel: Schaffen wir es, die Raumtemperatur nur um ein Grad zu senken, fällt der Energiebedarf beim Heizen um 6 Prozent! Ich habe bereits vor Wochen mit einer Kampagne versucht, die Menschen dafür zu sensibilisieren, dass wir mit kleinen Schritten Großes erreichen können (siehe „Putin ein Schnippchen schlagen“, verfügbar unter diesem Link). Hieran möchte ich noch einmal erinnern und alle ermutigen, mitzumachen. Ich glaube, dass hier auch kurzfristig sehr viel mehr möglich ist, als wir uns vorstellen.
Zudem müssen wir den Ausbau der Erneuerbaren Energien mit aller Macht vorantreiben. Seit vielen Jahren schon mache ich das im Privaten und setze mich politisch dafür ein. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wird etliche Jahre in Anspruch nehmen, zumal der Bedarf an Strom mit der Energiewende noch einmal deutlich steigen wird. Deshalb müssen jetzt tatsächlich alle Optionen auf den Tisch! Ideologische Vorbehalte, die bestimmte Technologien ausschließen oder andere bevorzugen, sind fehl am Platz. Und wir brauchen Rahmenbedingungen, mit denen wir die Entdeckungskräfte des Marktes nutzen. Längst nicht alle Technologien, die uns bei der Lösung des globalen Energie- und Klimaproblems weiterbringen werden, sind heute schon bekannt.
Natürlich machen sich hier die Bremseffekte bemerkbar, die aus dem Russland-Ukraine-Krieg resultieren. Neben einer deutlichen Eintrübung des Geschäftsklimas und des Konsumentenvertrauens bei den privaten Hauhalten, hat der Konflikt zu einer spürbaren Verteuerung von Energie geführt. Auch dies belastet Wirtschaft und Verbraucher gleichermaßen.
Negativ zu Buche schlägt aber auch der Zinsanstieg, der sich aus den höheren Energiepreisen ergibt. Seit Dezember letzten Jahres ist die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihen um mehr als einen Prozentpunkt gestiegen. Dies führt auch zu höheren Zinsen in anderen Bereichen, so etwa bei den Bauzinsen. Der Bausektor war in den letzten Jahren eine große Stütze der Konjunktur. Jetzt drohen Lieferengpässe, Fachkräftemangel und Zinsanstieg diese Säule des Wachstums ins Wanken zu bringen.
Was ist daher zu tun? Neben einem Belastungsmoratorium, das wir nach Jahren stetig steigender Anforderungen in Sachen Bürokratie und Regulierung jetzt dringend brauchen, müssen wir den Handel intensiveren. Deutschland ist ein Exportland. Offene Grenzen, die einen ungehinderten Warenaustausch erlauben, sind für große Teile unserer Wirtschaft lebenswichtig. Leider führt der Angriffskrieg zu Einschränkungen im weltweiten Handel. Gleiches gilt für die Corona-Krise, die zuvor in Teilen zu einer Einschränkung von globalen Lieferketten geführt hat.
Umso wichtiger ist es deshalb, dass wir neue Initiativen ergreifen und lange liegen gebliebene Projekte endlich zum Abschluss bringen. Ich denke hier insbesondere an das Freihandelsabkommen CETA, das die EU seit dem Jahr 2009 mit Kanada verhandelt hat, das bis heute aber nicht vollständig in Kraft getreten ist. Warum? Weil vor allem unser ehemaliger Koalitionspartner eine Unterzeichnung verhindert hat. Dabei wäre es gerade jetzt wichtig, dass wir den Handel mit den Partnern der freien Welt intensivieren. Schätzungen zufolge ließe sich der Handel zwischen Kanada und der EU um 20 % steigern, wenn das Abkommen vollständig in Kraft getreten ist. Deshalb kann ich nur hoffen, dass die Ampel-Koalition einen lang ausgehandelten Vertrag nun endlich auch für Deutschland unterzeichnet.
|
|
|
In den letzten zwölf Monaten sind die Energiepreise drastisch gestiegen. Für diesen Anstieg gibt es eine Reihe von Gründen. Gemeinsam ist Ihnen, dass sie einen weltumspannenden Charakter haben. Zum einen spiegelt sich hier die Erholung der globalen Konjunktur nach dem Pandemie-bedingten Einbruch im Jahr 2020. Vor allem die gestiegene Produktion im Verarbeitenden Gewerbe macht sich hier bemerkbar. Zu Buche schlägt aber auch der Russland-Ukraine-Konflikt. Weltweit ist Russland der größte Exporteur von Öl und Gas. Schon weit vor dem Einmarsch der russischen Truppen hat Russland aus strategischen Gründen die Gaslieferungen an seine Kunden auf das vertraglich vereinbarte Minimum reduziert. Unsere Gasspeicher sind deswegen nahezu leer. Sanktionen gegen das Land – die nunmehr anlaufen – werden das weltweite Angebot an Energie voraussichtlich schmälern.
Energiewende bislang kein Thema
Kaum ins Gewicht fällt bislang dagegen die Energiewende hier in Deutschland. Zwar hat sich der am Markt gehandelte C02-Preis in den letzten Wochen und Monaten ebenfalls spürbar erhöht, der Emissionspreis für C02 ist mit 25 Euro pro Tonne aber immer noch vergleichsweise niedrig. Zudem ist der Kohle- und Atomausstieg noch nicht vollzogen. Gerade die Grundsicherung profitiert hiervon noch immer stark. Gleichwohl zeigt der Anstieg der Energiepreise, was droht, wenn die Energiewende schlecht gemanagt wird. Der aktuelle Anstieg der Energiepreise könnte sich dann sogar als noch gering erweisen.
Was ist daher zu tun? Zum einen stimme ich mit meiner Fraktion überein, dass Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger erforderlich sind. Wieder einmal sind es die viel zu hohen Steuern und Abgaben, die hier zur Entlastung der Verbraucher angepasst werden müssen. Deutschland hat die höchsten Energiepreise weltweit. Daher ist die rasche Abschaffung der EEG-Umlage, die Senkung der Umsatzsteuern auf Gas, Benzin, Heizöl oder Strom sowie eine Erhöhung der Pendlerpauschale das Gebot der Stunde. Genau diesen Antrag haben wir im Februar in den Bundestag eingebracht. Leider wurde er von der links-gelben Ampel-Koalition abgelehnt. Erst jetzt – und wohl auch in Reaktion auf unseren Druck – wurden entsprechende Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Strategien für die sichere Versorgung entwickeln, technologieoffen bleiben
Mindestens genauso wichtig aber erscheint mir, die richtigen Strategien für die mittel- und langfristige Sicherung mit bezahlbarer Energie zu schaffen. Hierzu gehört der Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir können uns aber nicht nur hierauf verlassen, denn das Ziel der Ampel, den Anteil der erneuerbaren Energien von jetzt 40 auf 80 Prozent bis zum Jahr 2030 zu erhöhen, ist – gelinde gesagt – ein sehr gewagtes Ziel. Ein Scheitern können wir uns als Industrieland aber nicht erlauben.
Deshalb müssen wir den Import von Flüssiggas durch den Bau von Terminals an der Nordsee fördern. Bislang verfügt Deutschland über keine solche Entladestelle. Zudem müssen wir den europäischen Binnenmarkt nutzen und Strom importieren. Zur Ehrlichkeit gehört hier auch, dass wir weiterhin Atomstrom aus Frankreich nutzen werden, gegebenenfalls sogar mehr als in der Vergangenheit. Und wir müssen technologieoffen bleiben. Wir können nicht nur auf E-Mobilität setzen; synthetische Kraftstoffe werden auch Teil der Lösung sein.
Und schließlich: Auch wenn die klassische Atomkraft keine Option mehr ist (dazu ist der Ausstieg zu weit vorangeschritten; die Betreiber lehnen dankend ab), müssen wir offen bleiben für Weiterentwicklungen in diesem Bereich und diese durch den Aufbau von Forschung und Entwicklung begleiten. Dazu gehört auch, dass wir bei jungen Menschen das Interesse an Naturwissenschaften fördern – und zwar stärker als bisher. Vielleicht gibt es in einigen Jahren neue Verfahren, bei denen die Risiken geringer sind und kein Restmüll für die Endlagerung mehr anfällt. Es wäre schlecht für den Standort Deutschland und den Wohlstand in unserem Land, wenn neue Technologien gänzlich an uns vorbei entwickelt würden.
Die Bundesregierung hat Ende Januar ihren Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt. Die Wachstumsprognose fällt mit 3,6 % meines Erachtens zu hoch aus. Allein der sehr schwache Start ins Jahr 2022 mit einer voraussichtlich erneut schrumpfenden Wirtschaftsleistung spricht dafür, dass prognostizierte Wachstumsrate im Jahresdurchschnitt wohl kaum zu erreichen sein werden.
Realistischer mutet die Inflationsprognose an. Allerdings fällt der erwartete Anstieg der Verbraucherpreise mit 3,3 % sehr hoch aus. Erneut wird damit die Kaufkraft der Menschen erheblich geschmälert. Hier spiegeln sich viele Faktoren. Bedeutsam sind aber vor allen die Energiepreise, die bereits jetzt auf die Dekarbonisierung und die Verschiebungen im Energiemix reagieren. Meines Erachtens müssen wir uns auch in den kommenden Jahren auf steigende Energiepreise einstellen. Das Mantra der Ampel, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zu stark fallenden Energiepreisen führen werden, teile ich nicht – zumindest nicht auf Sicht der kommenden Jahre. Die Preise für wesentliche Energieträger wie Gas, auf die wir noch für lange Zeit angewiesen sein werden, ergeben sich auf Basis des globalen Angebots und der weltweiten Nachfrage. Diesem Trend wird sich Deutschland nicht entziehen können. Gleichwohl ist die Bundesregierung hier gefordert, die sozialen Folgen der stark steigenden Preise in den Blick zu nehmen.
„Wohlstand jenseits des Wachstums messen“
Neben diesen typischen Aussagen, die recht knappgehalten sind, liest sich der Jahreswirtschaftsbericht wie ein grünes Parteiprogramm. Besonders deutlich wird dies im Sonderkapitel „Nachhaltiges und inklusives Wachstum - Dimensionen der Wohlfahrt messbar machen“. Was passiert hier genau?
Der Analyserahmen soll um eine Vielzahl von Indikatoren erweitert werden, die Wohlstand jenseits des Wachstums messen sollen. Statt wie bisher international üblich das Bruttoinlandsprodukt in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen, wird eine Vielzahl weiterer Indikatoren als Maß für den Wohlstand eingeführt. Beispiele sind die Treibhausgas-Intensität des BIPs, der Anteil der erneuerbaren Energien an der Wertschöpfung, die Menge Nitrat im Grundwasser oder die Gleichheit in der Bezahlung von Männern und Frauen. Grundsätzlich sind dies alles wichtige Aspekte in der Beurteilung der Lebensqualität in einem Land. Der „Spurwechsel“ in der wirtschaftlichen Analyse birgt aber erhebliche Gefahren.
Zwar beschäftigen sich Volkswirte schon seit vielen Jahren mit alternativen Messzahlen für den Wohlstand in einem Land. Neuland betritt der Bericht daher nicht. So richtig durchsetzen konnte sich aber kein Indikator aus der sogenannten „Glücksforschung“. Besonders nachteilig ist aber, dass damit internationale Vergleiche weniger aussagekräftig ausfallen könnten. Fällt Deutschland wirtschaftlich zurück, so wissen wir das möglicherwiese gar nicht – und ein Gegensteuern käme womöglich zu spät. Noch gravierender aber ist, dass damit auch eine ungenügende Wirtschaftspolitik mit steigender Arbeitslosigkeit oder fallenden Einkommen kaschiert werden kann.
Hier vermute ich ein bewusstes Vorgehen der Regierung. Der Umbau der gesamten Gesellschaft zu mehr Nachhaltigkeit ist ein wirtschaftliches Wagnis. Es kann funktionieren, es kann aber auch zu erheblichen Störungen des Wirtschaftslebens kommen. Im schlimmsten Fall wandern Unternehmen ins Ausland ab oder werden von ausländischer Konkurrenz verdrängt. Das weiß auch die Regierung. Also muss sie vorbeugen, damit in vier Jahren die Bilanz nicht ganz so negativ ausfällt. Der Zustand der Wirtschaft kann Wahlen entscheiden.
16 Jahre ist viel passiert
Was mich aber besonders freut: Nahezu alle Indikatoren, die vom Wirtschaftsministerium im Bericht genannt werden, zeigen deutliche Verbesserungen in den letzten 16 Jahren. So sind der Nitratgehalt im Wasser, die Emission von Luftschadstoffen, die Treibhausgasintensität des BIP oder der Verdienstabstand zwischen und Männern und Frauen deutlich gefallen. Deutlich gestiegen sind dagegen der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch oder die privaten und öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Mit diesem Jahreswirtschaftsbericht widerlegt die Bundesregierung eindrucksvoll ihre immer wieder vorgetragene (falsche) Behauptung, 16 Jahre sei nichts passiert.
Zu den wohl größten Überraschungen des Jahres 2021 gehört aus wirtschaftlicher Sicht der starke Anstieg der Inflation. Mit 6,2 Prozent in den USA bzw. 5,2 Prozent in Deutschland wurde zuletzt ein 30-Jahres-Hoch erreicht. Für den drastischen Anstieg gibt es viele Gründe: Lieferengpässe wegen der Pandemie sowie stark steigende Energiepreise sind wohl die wichtigsten. Zwei spannende Fragen ergeben sich aus politischer Sicht hieraus: Erstens, sehen wir die hohen Inflationsraten nur vorübergehend und, zweitens, wie reagiert die Politik hierauf?
Zwei spannende Fragen ergeben sich aus politischer Sicht hieraus. Erstens: Sehen wir die hohen Inflationsraten nur vorübergehend? Zweitens: Wie reagiert die Politik hierauf?
Persönlich gehe ich nicht davon aus, dass die Inflationsraten im kommenden Jahr auf derart hohem Niveau verharren werden. Hierfür spricht vor allem, dass mit Abebben der Pandemie die Lieferengpässe der Vergangenheit angehören sollten. Allerdings ist auch nicht damit zu rechnen, dass die zuvor sehr niedrigen Niveaus (siehe Grafik) wieder erreicht werden. Im Gegenteil: Die voraussichtlich dauerhaft steigenden Energiepreise (Stichwort: Dekarbonisierung der Gesellschaft) und gestiegene Inflationserwartungen sprechen dafür, dass die Preissteigerungsraten dauerhaft höher liegen könnten als die 2 Prozent, die gemeinhin von den Hütern der Geldwertstabilität als kritische Marke angesehen werden.
Was sind die Konsequenzen? Erstens: Die Notenbanken – so auch die EZB – müssen endlich eine glaubhafte Strategie für die Abkehr von den ultra-lockeren Maßnahmen der letzten Jahre vorlegen. Andernfalls drohen im Aufschwung weitere Preisschübe, die perspektivisch sehr viel härtere Gegenmaßnahmen erforderlich machen. Zweitens: Für die Nachfolge von Jens Weidmann als Bundesbankpräsident muss die Ampelkoalition eine glaubwürdige Stimme finden, die für den Erhalt der Preisstabilität eintritt. Zur Erinnerung: Nur unter diesen Vorzeichen war Deutschland bereit, der Währungsunion beizutreten. Auf keinen Fall dürfen parteipolitische Überlegungen bei der Neubesetzung dieses wichtigen Postens eine Rolle spielen, ganz zu schweigen von dem Wunsch, dass die Geldpolitik die stark gestiegenen Staatsausgaben weiter flankiert.