Dr. Klaus Wiener MdB
Mitglied des Deutschen Bundestages

Besuch bei UCB Pharma: Arzneimittel-Versorgung droht Krise

Der Medikamentenmangel ist auch im Jahr zwei der Ampel-Regierung ein großes Thema. Hierüber habe ich mich mit UCB Pharma, einem forschenden Unternehmen aus meinem Wahlkreis, ausgetauscht. Maßgeblich für die Engpässe sind anhaltende Lieferkettenprobleme und der strukturelle Druck für die Produktion in Europa. Zu schaffen machen hier vor allem die hohen Produktionskosten, die sich aus stetig steigenden regulatorischen Vorgaben und den im internationalen Vergleich hohen Lohn- und Energiekosten ergeben. 

Es könnte aber noch schlimmer kommen, denn mit dem Finanzstabilisierungsgesetz, das die Bundesregierung im Herbst 2022 verabschiedet hat, wurde der Druck auf die Abgabepreise noch einmal deutlich erhöht. Preissteigerungen sind bei neuen Arzneimitteln nur noch möglich, wenn mit dem neuen Produkt „erhebliche“ Verbesserungen in der Behandlung verbunden sind. Bei „geringen“ Verbesserungen muss der Preis gleich blieben, was bei der aktuell hohen Inflation in realer Rechnung einem erheblichen Preisabschlag gleichkommt. Bei „gleichartigen“ Produkten muss der Preis laut Vorgabe sogar um zehn Prozent niedriger liegen. Damit wird auf diesem für Patienten so wichtigen Markt Wettbewerb behindert, und die Anreize zu forschen werden erheblich geschwächt.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch eine Pharma-Initiative auf europäischer Ebene, die u.a. vorsieht, dass der Patentschutz von aktuell zehn auf acht Jahre reduziert wird. Wird diese Verordnung so umgesetzt, dürfte auch dies die Forschungsanreize in Europa erheblich schmälern. Dabei wären stattdessen gerade im Bereich der seltenen Krankheiten, einem Spezialgebiet der UCB Pharma, Mehranreize erforderlich. Andernfalls droht in Europa eine Fortsetzung des Engpasses nicht nur bei Massenprodukten, sondern auch bei Medikamenten für Menschen mit sehr seltenen Erkrankungen (definiert als 10 bis 500 Fälle pro eine Million Einwohner). 

Ich meine, dass die Ampel-Koalition hier dringend gegensteuern muss. Wettbewerb, Forschungsanreize und Patentschutz sind wichtige Bestandteile eines Marktes, auf dem Deutschland einmal Weltmarktführer war und sich den Namen „Apotheke der Welt“ verdient hatte. Daran sollten wir uns orientieren.